Treibgut
Alexander Freund
begeisterte sich Kris und
sah mich abenteuerlustig an.
Sommersprossen umtanzten ihre Nase,
die Sonne hatte ihre Haare gleisendblond werden lassen.
Das Lederband,
an dem die Muschel zwischen
ihrem Bikinioberteil hin- und herpendelte,
wirkte gefährlich brüchig.
zog sich die Steilküste
zu beiden Seiten kilometerlang hin.
Die dagegen anrennenden Wellen
wurden mit großer Wucht
von den schroffen Felsformationen
zurückgeworfen.
Ein paar Zwiebeln. Halbe Flasche Olivenöl.
Salz, Pfeffer. Sollte für´s Erste reichen."
"Und wenn es da Häuser gibt,
kommen wir sicher irgendwie weiter."
"Sieht absolut genial aus.
Na los!"
schien diese Abwechslung
nicht unangenehm zu sein.
Ann wirkte schon ein wenig reisemüde
und gierte nach Gesellschaft.
Und auch Steve erzählte gerne und viel
von seinem Boot und dem Meer,
von seinen Reisen
und seinen nächsten Zielen.
nach einem geeigneten Ort ab,
doch die steilen Felsen boten
keinerlei Anlaufpunkt.
An diesem Morgen aber hatte ich ein
kleines, in den Hang gebautes Dorf gesehen, und unterhalb einen kleinen Hafen.
Ann und Steve hatten zwar Verständnis
für unseren Wunsch nach Einsamkeit,
doch in die Bucht konnte uns Steve nicht bringen.
Die Mistress hatte zu viel Tiefgang und
einzelne Schaumkronen auf den Wellen
verrieten die unter der Wasseroberfläche
schlummernden Riffe.
Dreizack meiner Harpune in eine Klopapierrolle,
beluden unseren hellgrün gepunkteten,
breitgrinsenden Frosch
und paddeln so Richtung Strand.
Ann und Steve winkten uns lange nach,
doch schon bald mussten wir kräftig
gegen die starke Strömung ankämpfen,
die uns in Richtung eines Felsen trieb.
Der Frosch dämpfte glücklicherweise
den Aufprall, die äußere Kammer platzte
mit einem lauten Knall und der Frosch
und ich stürzten in ein Wellental.
Für Sekunden
verlor ich völlig die Orientierung.
ruhig und so trieben wir mit den
durchnässten Rucksäcken zum Strand.
Völlig erschöpft,
aber auch berauscht krochen wir an Land
und fielen uns in die Arme.
"Wow, heftige Brandung hier!"
Der Strand war noch viel zauberhafter,
als wir erhofft hatten.
Unterhalb der Steilküste hatte sich ein
etwa dreißig Meter breiter Streifen
aus feinstem Sand angesammelt.
Weiter hinten gab es größere Steinblöcke. Vereinzelt lagen ausgewaschene Hölzer
und anderes Treibgut herum,
aber zum Glück kaum Müll.
standen einzelne Bäume und hohe Gräser.
Das Wasser war klar
und mit bloßem Auge waren
ein paar bunte Fische zu sehen.
Überglücklich sahen wir uns an.
"Keine Ahnung."
Die Frage hatte ich mir auch schon gestellt.
"Irgendwo an der griechischen Ostküste.
Hoffe ich zumindest.
Ich meine, vielleicht ist das auch schon türkische Küste".
Skeptisch sah mich Kris an,
als sie die Wäsche ausbreitete.
Wir bleiben erst mal hier und schauen später weiter!"
Kris musterte die Bucht,
schirmte die Augen vor der gleißenden Sonne ab,
als sie die steile Klippe hochsah.
Auch die Mistress war nicht mehr in Sichtweite.
Lächelnd kam Kris auf mich zu
und umarmte mich endlich.
Niemand in Sicht!
Es ist unglaublich!
Wir sind hier völlig alleine!
küssten uns, blickten auf das Meer.
Später schlief Kris ein Weile in meinem Schoß.
Gegen Mittag bekamen wir allmählich Hunger
und vor allem Durst.
Wir packten das Wichtigste in ihren Tagesrucksack
und suchten zwischen dem Geröll und den Gräsern
einen Weg nach oben.
immer wieder rutschten wir ab.
Erst nach einer Weile fanden wir
schließlich einen Trampelpfad.
Oben allerdings
erwartete uns nicht allzu viel.
Die Häuser, die wir vom Meer aus gesehen
hatten, waren ziemlich heruntergekommene
Baracken, vermutlich Kasernen.
waren meterhohe Stacheldrahtzäune,
dreifach hintereinander gereiht.
Dahinter erstreckte sich bis zum Horizont
eine weitgehend karge Ebene,
durch die eine schurgerade Straße
direkt zu diesem Gebiet führte.
Und nirgendwo eine Menschenseele.
Vermutlich ist das irgendeine
militärische Anlage oder so.
Jedenfalls ist hier offenbar niemand.
Aber so leicht kommen wir auch nicht weiter."
Die Fenster und Türen der Baracken
waren allesamt verrammelt.
Auf einigen Türen standen Zahlen.
Ein leises Brummen führte uns
zu einem verschlossenen Generatorhaus,
das offenbar den mittleren Zaun
mit Starkstrom versorgte.
Unheimlich hier. Lass uns gehen!
Hier ist mit Sicherheit niemand weit und breit!"
"Geil!
Aber ich hab´ mächtig Hunger",
sagte Kris erwartungsvoll.
Also schnappte ich mir meine Harpune
samt Flossen und machte mich sogleich
auf die Jagd nach unserem Mittagessen.
machte eine Art Urlaut,
streifte meine Shorts ab und freute mich,
dass sie so unbekümmert wie lange nicht mehr lachte.
Wir aßen neben einem Felsen,
erzählten, liebten uns,
erfrischten uns im glasklaren Wasser.
Dösten vor uns hin,
bis die ersten Sterne am Himmel glitzerten.
"Was fehlt dir?"
"Keine Ahnung.
Sag´s mir!"
wie es bei mir weitergehen sollte.
Aber das war auch egal.
Wie lebten im Hier und im Jetzt.
Der Stand strahlte die Hitze des Tages ab,
das Meer schlug im immer gleichen Rhythmus
auf den Strand,
darüber unser Hotel der Milliarden Sterne.
Ich horchte in die Nacht,
doch eigentlich hörte ich nur
das rhythmische Schlagen der Wellen.
Wolken zogen
in rascher Folge am Mond vorbei.
Auch am Fußende meines Schlafsacks.
Verunsichert suchte ich meine Taschenlampe
und leuchtete vergebens den Strand ab.
Plötzlich hörte ich nicht weit von uns entfernt
einen dumpfen Schlag.
Ich schreckte hoch.
Kris wurde ebenfalls wach.
als sie mein blutbedecktes Gesicht sah.
Ein etwa faustgroßer Stein hatte mich
an der Stirn getroffen und die Platzwunde
blutete fürchterlich.
Sie leuchtete nach oben ins Nichts.
Hektisch schleppte sie mich zum Meer,
wusch mir das Gesicht.
Ich war völlig benommen,
das Salzwasser brannte schrecklich.
Ich weiß auch nicht,
wieso die Steine runterfallen."
"Vielleicht ... vielleicht bläst der Wind …
die kalte, nasse Luft gegen die Steilwand.
Und dann platzten da diese Brocken weg."
"Bist Du sicher?"
Ich weiß auch nicht."
Kris zitterte, machte mir aus ihrem
um die Hüfte geschlungenen Tuch
provisorisch eine Art Verband.
Die restliche Nacht verbrachten wir
eng umschlungen,
aber frierend nahe am Wasser,
weil wir uns nicht mehr trauten,
die Schlafsäcke zu holen.
nach oben fanden wir hinter den Baracken
eine Art Zucchini.
Ein Feigenbaum trug reichlich Früchte
und es gab köstliche Kaktusfeigen.
Außerdem war es vergleichsweise einfach,
in der Bucht kleine Tintenfische und verschiedene Fischarten zu schießen.
sogar dazu überreden,
eine getrocknete und anschließend
geröstete Qualle zumindest zu probieren.
Vier wundervolle Tage vergingen
und wir genossen unser kleines Paradies.
an die gleißende Sonne gewöhnt und ich
konnte mich an ihr einfach nicht satt sehen.
Die Umrisse ihres Bikinis waren kaum noch
zu erkennen. Je nach Lust liebten wir uns am Strand und wenn der Abend kam, rollten wir uns seitlich
an den Bäumen zusammen,
wo wir vor den herabfallenden Steinen
sicher waren.
In der ganzen Zeit sahen wir nicht
ein einziges Schiff am Horizont
und auch in dem Militärgebiet
ließ sich offenbar niemand blicken.
einen helleren Stich,
aber Kris war sich sicher.
Irgendwie schien sie von mir zu erwarten,
dass ich hinausschwimme.
Aber so sehr ich das Meer auch bei Tage mag,
nachts war es mir immer schon unheimlich.
aber schließlich stieg ich ins schwarze Meer.
Hektisch schwamm ich los,
um mein Ziel möglichst schnell zu erreichen.
Als ich an ein Stück Seegras oder ähnliches stieß,
schrie ich kurz auf, schob es dann aber mit
kurzen, ängstlichen Handbewegungen zur Seite.
Die Strömung hatte mich offenbar
zum anderen Ende der Bucht getrieben
und Kris leuchtete mir zum Glück
vom Land aus den Weg.
"Du hattest Recht!
Es ist ein Surfboard",
rief ich, als ich endlich näher kam.
wir zogen das nicht gerade gut riechende Brett
an den dunklen Stand und gingen zurück zu
unserem Schlafplatz.
Ich brauchte lange, bis mir wieder halbwegs
warm war und hatte erstaunlicherweise
keine Lust auf irgendwelche Zärtlichkeiten.
"Was? Was ist mit dem Brett", fragte ich,
doch Kris ließ sich nicht beruhigen,
rannte zu unserem Lager.
Ich wusste nicht, ob ich ihr folgen
oder besser nachsehen sollte.
Ich entschied mich, vorsichtig zum Brett zu gehen.
Unzählige Fliegen krabbelten über das Brett,
ein süßlicher Gestank lag in der Luft.
Weg von dem Brett.
Stolperte zu Kris,
die mit aufgerissenen Augen
auf dem Boden kauerte,
die Fäuste vor den Mund.
"Verdammt, was ist das?"
Wo kommt das her?
Es ist so ekelhaft",
schrie sie mich an.
etwas angezogen, zitterte am ganzen Körper.
Es dauerte Stunden, bis sie sich gefasst hatte.
Immer wieder sahen wir zu dem Brett
auf der anderen Seite der Bucht hinüber,
ohne zu wissen, was wir tun sollten.
Erst am Nachmittag konnten wir uns
allmählich aus der Starre lösen.
von Deinen Fischen dran rumgeknabbert.
Ich will hier weg! Hörst Du?"
Kris zitterte am ganzen Körper.
Ich sah sie ratlos, vielleicht auch enttäuscht an. Doch ihre Augen ließen keinerlei Zweifel.
Wir schwiegen lange. Kauerten uns hin.
packte auch ich schnell alles zusammen.
Ich hatte den Rucksack noch nicht halb gefüllt,
da stolperte sie schon den Trampelpfad nach oben.
rannte sie hilflos an den Zäunen entlang.
Ich rannte ihr nach und konnte
sie schließlich festhalten.
Sie zitterte vor Aufregung.
und rüber klettern?"
"Wir kommen doch gar nicht in das Traffohäuschen.
Außerdem ist das Starkstrom!
Das geht nicht.
Die kommen sicherlich gleich mit einer Hundertschaft, wenn wir uns hier
am Zaun zu schaffen machen."
wenn wir jenseits der Bucht
irgendwo hochsteigen",
sagte ich schließlich.
"Aber die Strömung ist verdammt stark
und außerdem ist da ja erst einmal kilometerlang Steilküste."
Da habe ich doch in dieser Richtung
eine Art Dorf gesehen.
Am Hang, mit einem Hafen."
"Aber das waren einige Kilometer.
So weit können wir auf keinen Fall ..."
Vergiss es!"
"Hör mal!
Ich überlege ja nur,
wie wir hier wegkommen."
setzte mich neben sie
und wir schwiegen uns an.
Sie hatte geweint.
Ihre fremde Kälte machte mir Angst.
Sie zitterte immer wieder.
Ich behielt meine Gedanken für mich,
reichte ihr meine Trinkflasche,
aber sie verweigerte alles.
Über der weiten Ebene flirrte die Sonne.
"Du denkst doch wohl nicht etwa
an dieses Surfboard?"
Weil ich offenkundig nicht schnell genug widersprach, sprang sie auf.
"Spinnst Du total? Glaubst Du wirklich ..."
Sie rannte los und ich hatte große Mühe,
sie zu stoppen.
saß sie zusammengekauert an
dem verrammelten Eingangstor
und weinte.
Ihre Augen waren ganz geschwollen,
Rotze lief ihr aus der Nase.
Warum musste das plötzlich so enden",
fragte sie tränenerstickt.
Ich setzte mich zu ihr.
In einer guten Stunde würde die Sonne
im Meer versinken und die Bucht
in ein goldenes Licht tauchen.
"Keine Angst, wir sind hier bald weg",
log ich.
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