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WINGS OF DESIRE

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Alexander Freund
Zum Anfang







Wir brannten nach Liebe und Leben.
Aber unsere Zeit war noch nicht gekommen.
Zum Anfang
Cannes.

Klingt erst einmal mondän.
Nach südfranzösischer Leichtigkeit.
Souveräne Eleganz. Altes Geld.


Zum Anfang
Aber der Bahnhof von Cannes war zu dieser frühen Stunde genauso trostlos wie alle anderen Bahnhöfe dieser Welt. 

Nicht ein Café war geöffnet, alles roch nach Reinigungsmittel und in den Ecken sammelte sich,
was vom Tage übrig geblieben war.

Zum Anfang
Die ganze Stadt schlief noch.
Die trüben Straßen gehörten
den gierigen Möven.




Übernächtigt trotteten wir
mit unserem geschulterten Bündel
zum Strand.
Zum Anfang
Durch die menschenleere Rue des Serbes
liefen wir schnurgerade runter zum Strand,
aber als wir den prächtigen
Boulevard de la Croisette erreichten,
wurden wir herbe enttäuscht:

Die ganze Bucht lag noch unter
einer dichten Dunstglocke,
vom grauen Meer her wehte uns
ein kühler Wind entgegen.


Zum Anfang
Wir folgten dem Boulevard ein Stück weit
Richtung Grand Hotel Cannes,
ließen uns auf einer Parkbank nieder
und vergruben uns
tief in unseren Kapuzenjacken.
Zum Anfang
Zwanzig, dreißig Meter von der Promenade
entfernt, hatten ein paar Rucksacktouristen
am Strand ihre Wagenburg errichtet.
Eine schmale Rauchfahne stieg aus
ihrer Mitte in die trübe Morgenluft.

Sie mussten sich nach der letzten
nächtlichen Razzia hier
niedergelassen haben.
Zum Anfang
Spätestens bei der Morgenpatrouille
würden sie von den Ordnungskräften verscheucht.

Wie überall. Solche wie wir waren nicht willkommen im Revier der Reichen und Schönen.

Aber das störte uns nicht, niemals hätten wir mit diesen Zombies tauschen wollen.
Denn wir waren jung und uns gehörte die Welt.
Zum Anfang
Allerdings sah man uns das im Moment
nicht wirklich an. Die letzten Stunden
hatten wir im Nachtzug von Genua verbracht.

Max hatte sich zwischen
zwei Schwestern aus Lille gekauert;
ich hatte mich lieber nach
oben in ein viel zu
schmales Gepäcknetz verzogen.  

Zum Anfang


An Schlaf war in diesen Zügen
ohnehin nicht zu denken.

Entsprechend fertig saßen wir nun
auf dieser Bank, beobachteten die ersten Straßenfeger und Frühsportler
und warteten auf den Tag.
Zum Anfang
Schau an!

Vom anderen Ende der Promenade kamen
die beiden Dänen angeschlurft,
die wir in Siena kennengelernt hatten.

Der große Schlacks mit der Rastafrisur und
seine erstaunlich schöne, rothaarige Freundin,
die ihre Gitarre auf dem Rücken mit sich trug.


Zum Anfang
Bevor sie uns erkannt hatten,
bogen sie zum Strand ab und
kuschelten sich ganz vorne
am Wasser eng aneinander.

Neidisch sahen wir uns an.
Max sah einfach fürchterlich aus.
Zum Anfang
Wir kauerten uns zusammen und
dösten schweigend vor uns hin. 

Max wollte unbedingt nach Cannes.
Er hatte mal irgendwo gehört,
dass schon Mitte des 19. Jahrhunderts Herscharen von Engländern diese Küste belagert hatten - um vor der Tuberkulose 
an diese Küste zu fliehen oder
um dem kalten Norden zu entkommen. 
Zum Anfang
Alles was Rang und Namen hatte,
überwinterte fortan an dieser Küste,
deren vergangene Pacht kaum noch zu erahnen war.

Max fand es amüsant, dass die
Einheimischen hier und in Nizza
die Touristen angeblich noch immer
kollektiv als "Engländer" bezeichnen,
selbst wenn sie aus Banff, Canada,
oder eben aus Hannover, Germany,
stammten.


Zum Anfang
Endlich war irgendwo hinter uns
Kettengeklapper zu hören,
das erlösende Signal,
dass ein Café aufmachte.

Der Wirt verteilte die befreiten Stühle,
sammelte Müll zusammen und wischte
flink über die kleinen Metalltische.
Zum Anfang
Er war nicht gerade begeistert,
als wir uns ungeduldig näherten.
Ungewaschene Freaks,
die zwei Stunden an einem Tee nuckeln
und zahlende Gäste vergraulen.

Doch nachdem wir beide das
größtmögliche Frühstück bestellt und
ihn von unserer Solvenz überzeugt hatten, verschwand seine schlechte Laune.  
Zum Anfang
"Ein Hauch von Luxus", sagte mein Freund.

So war unsere Abmachung:
Entweder gut schlafen und spärlich frühstücken.

Oder lausig schlafen,
um dann aber üppig zu frühstücken

- was in diesen mediterranen Breiten
allerdings gar nicht so leicht war.
Zum Anfang
Während wir beim opulenten Frühstück
auf die Sonne warteten,
sahen wir den Mannschaftswagen
der Polizei samt Wasserwerfer vorfahren.

Wir blickten uns an und mussten schmunzeln.
Zum Anfang
Wenig später hörten wir schrille Trillerpfeifen
und ein paar Schreie. In kurzen Stößen
sprühte der Wasserwerfer den Stand ab.

Ein wild strampelnder Rucksacktourist
wurde unsanft in den Mannschaftswagen geworfen.
Ein Hippie-Mädchen mit fliederfarbenem Rock weinte bitterlich.

"Diese Schweine", ärgerte sich Max. 
Zum Anfang
Nach einer Weile kamen die ersten
verschlafenen Eltern mit kleinen Kindern
an den Strand, vollbeladen mit Kühltaschen
und aufgeblasenen Schwimmtieren.

Das war das Startsignal für alle Rucksacktouristen,
dass sie jetzt auch an den Strand durften,
ohne gleich wieder verscheucht zu werden.
Zum Anfang
Also ließen wir unser Frühstück ausklingen,
gaben sogar noch ein Trinkgeld,
gingen hinunter zum Strand,
begrüßten die Dänen und richteten uns gut
hundert Meter von ihnen entfernt
nahe der Mole ein.

Kurz nachdem ich meinen Kopf
auf den Rucksack gelegt hatte,
schlief ich auch schon ein.
Zum Anfang
Max rammte mir schlaftrunken sein Knie
in den Rücken.

Eine übermächtige Müdigkeit lähmte mich.
  
Kurz dachte ich an Zuhause.
Wenn das nächste Halbjahr nicht besser lief, würde ich im nächsten Sommer die Schule verlassen und diese Ausbildung beginnen.

Und ich würde bei meiner Mutter bleiben,
wenn die Scheidung durch war.
Zum Anfang
Als ich Stunden später aufwachte,
sah ich im Gegenlicht eine Lichtgestalt:

Lange blonde Haare,
ein wunderschöner Körper
und strahlendblaue Augen.
Wie Engel halt so aussehen.
Zum Anfang
Obwohl ich noch ganz betäubt war,
spürte ich, dass dieses Wesen
zu mir herüber sah.

Ich richtete mich auf,
versuchte mich zu orientieren
und fuhr mir durchs verklebte Haar.
Zum Anfang
Max hätte sicherlich gleich
"Schwedinnen-Alarm" oder einen
anderen dämlich Spruch gebrüllt,
aber zum Glück schlief er noch.

Ich nahm einen Schluck
von dem abgestandenen Wasser,
sortiere meine Sinne,
stand auf und ging
möglichst aufrecht zum Meer.
Zum Anfang
Aus dem Augenwinkel
beobachtete ich,
wie sie mich musterte
– und wie sie lächelte.

SIE LÄCHELTE!

Oh Gott, ist das Leben schön!
Zum Anfang
Ich lächelte zurück,
versuchte nicht zu cool an ihr vorbeizugehen
und sprang ohne zu zögern ins noch
empfindlich kalte Nass.
Schlagartig war ich hellwach.

Die Kälte lag wie eine Bleiplatte
auf meiner Brust,
ich atmete schwer und
riss die Augen auf.

Verdammt, tut das gut!
Zum Anfang
Gleich tauchte ich wieder unter,
machte ein paar Züge unter Wasser,
bis mir die Luft knapp wurde und
schoß dann wieder
an die Wasseroberfläche.
Zum Anfang



Das Salzwasser brannte in meinen Augen.

Irgendetwas stimmt aber nicht,
als ich zum Horizont blickte.


Zum Anfang
Zehntausendfach reflektierte
die kleinen Wellen das gleißende Sonnenlicht.

Irgendetwas war seltsam.

Zwischen den Rändern der Bucht verlief
keine hellblaue Linie.

Stattdessen war da eine graue Wand,
aus der oben Stacheln in die Sonne ragten.
Zum Anfang
Ich tauchte sicherheitshalber noch mal
unter und lauschte dem Rauschen des Meeres.

Doch auch nach dem erneuten Auftauchen
fehlte der Horizont.

Im Gegenlicht konnte ich aber nicht erkennen,
was ich da sah.
Zum Anfang
Der Engel, wo ist er,
dachte ich plötzlich und
drehte mich hektisch um.

Wunderbar! Er war noch da!

Sie stand am Strand,
hielt sich die Hand an die Stirn
und blickte in meine Richtung.

Zum Anfang
Während ich tropfend und frierend
an ihr vorbei ging,
sah sie leider verlegen zu Boden.

Als ich unser Lager gerade erreicht hatte,
wachte Max langsam auf.

Ich stellte mich über ihn.
Zum Anfang
"Hör zu,
bitte keine dummen Sprüche, verstanden?
Ganz entspannt!

Setz´ Dich hin, schau nach da vorne links, versuch nicht allzu dämlich zu glotzen 
und vor allem: Halt´s Maul."
Zum Anfang
"Alter Schwede!"
Max sah mich verstört an,
schaute nur kurz zu meiner Entdeckung,
rappelte sich hoch,
schaute mir über die Schulter.

"Max bitte! Halt´s Maul, sagte ich."
Max schüttelte den Kopf und zeigte auf das Meer. 
"Und was ist das?"

"Was ist was," fragte ich. 
"Na das da! Im Dunst, da hinten, was ist das?"
Zum Anfang

Ich drehte mich zum Meer
und starrte auf eine graue Wand.

Erst jetzt erkannte ich, 
was ich beim Auftauchen
im Dunst nicht erkennen konnte.

Zum Anfang

"Unfassbar, was ist das?"

"Keine Ahnung, 
Irgendein Kriegsschiff", erwiderte ich.

"Das ist ja riesig.
Was zur Hölle macht das denn hier?"   


Zum Anfang
Parallel zum Strand lag die USS Nimitz,
ein atomgetriebener Flugzeugträger,
eines der größten Kriegsschiffe aller Zeiten,
wie wir später erfuhren.

Das Symbol des globalen Machtanspruchs
der USA auf allen Weltmeeren.
101.000 Tonnen Stahl, 332,8 Meter lang,
77,8 Meter breit, 260.000 PS,
30 Knoten schnell – Stich!
Zum Anfang
Den rund 6000 Mann an Bord standen
ein Supermarkt, eine Postfiliale,
eine Bibliothek, ein bordeigener Radio- und Fernsehsender, eine Zeitung,
eine Zahnarztpraxis und ein Krankenhaus,
Frisöre und Priester zur Verfügung

– alles, was ein Krieger eben so braucht.


Zum Anfang
Die orangefarbene Scheibe hatte sich gerade zwischen die Aufbauten am Heck geschoben.

Beim genaueren Hinsehen sah man unzählige Antennen und die Heckflossen der Kampfjets.


"Deine Schwedin will übrigens gerade glaube ich einen Kaffee trinken gehen ..."

"Hm?" Aufgeregt sah ich zu ihr. 
Zum Anfang
Max warf mir mein Handtuch zu,
nickte gönnerhaft und gab mir
mit einer winkenden Handbewegung
zu verstehen, dass ich sie ansprechen sollte.

Was sie mir zum Glück aber abnahm.



Zum Anfang
Sie hieß Hannah,
kam aus Brighton
und war mit ihrer Freundin Meg
auf dem Weg nach Florenz.

Falsche Richtung also,
denn von da kamen wir ja gerade
und wir wollten nach Marokko.
Zum Anfang

Ja, nächstes Jahr ist sie auch mit der Schule fertig: Keine Ahnung, was dann kommt.

Ne, von maurischer Architektur in
Südspanien hatte sie noch nie was gehört.

Ja gerne, ein Campari Orange wäre super.
Zum Anfang
Hannah hatte eine bezaubernde S-Schwäche,
zahlreiche Sommersprossen rund um die Nase,
ein mondsichelförmiges Muttermal am Hals
und eine Blume auf dem rechten Schulterblatt.

Mit abgewandtem Gesicht
drehte sich Meg auf den Bauch,
und wir schlenderten zur Promenade.
 
Zum Anfang
Sie war einfach fantastisch.
Ein bisschen durchgeknallt, interessiert, wunderschön und lebenslustig.

Halsüberkopf habe ich mich in sie verliebt.
Kein langsames Herantasten,
nicht die mühsame Suche nach einem Vertrauensverhältnis, kein Zögern
– einfach Krawumps!
Zum Anfang
Als wir gut zwei Stunden später
angeheitert zum Strand zurückschlenderten,
hatte sich das Geschlechterverhältnis
und die vorherrschende Hautfarbe
schlagartig geändert.


Zum Anfang
Zwischen all den geröteten Mamas
und vorgebräunten Papagallos
lagen hunderte Matrosen,
unschwer an den Tätowierungen und
Blechmarken zu erkennen.
Zum Anfang
Gleich neben uns lagen fünf Hünen,
die sich gegenseitig einen Football zuwarfen.

An den Rändern ihrer riesigen Handtuchlandschaft hatten sie einen Ghettoblaster aufgestellt,
aus dem - zum Ärger aller – der Sommerhit des letzten Jahres trällerte, das charmante Urlaubsmitbringsel, das auch die französischen Sender ständig rauf- und runter dudelten.
Zum Anfang
Ein Muskelberg beendete zum Glück dieses Elend und gleich bewegten sich alle beneidenswert relaxed zu irgendeinem uns völlig unbekannten Hip-Hop.

Ich fürchtete meine Eroberung gleich wieder zu verlieren, denn ein Rudel kajütenbeengter, notgeiler Matrosen pfiff und johlte ihr nach.

Doch Hannah legte mir den Arm demonstrativ um die Hüften – mir! – und lachte.
Zum Anfang
Stolz stellte ich sie Max vor, der ausnahmsweise mal richtig charmant war, und Hannah rief Meg dazu,
die allerdings nicht sonderlich erfreut schien.

Meg war noch ein Stück größer als Hannah,
hatte ein sehr klassisches Profil und unglaublich lange Arme und Beine.

Durch den strengen Pferdeschwanz wirkte sie sehr herb und deutlich älter als Hannah.
Zum Anfang
Wir unterhielten uns über die
schwierigen Reisebedingungen,
über den letzten Promi-Stuss und über
das künstlerische Erbe von Francis Bacon.
Zum Anfang
Es roch nach Sonnenmilch, Schweiß und Salzwasser. Farbige Händler priesen vergeblich Tücher oder Sonnenbrillen an.

Die dicksten Frauen trugen die buntesten Badeanzüge.

Viele Männer hatten längst jederlei Selbstachtung verloren.


Zum Anfang




Zwischendurch spielten wir vorne
am Meer zusammen Volleyball,
aßen Wassermelone und
suchten Muscheln.
Zum Anfang

Mit der Zeit gesellten sich einige Soldaten dazu,
wir lachten viel und spielten
mit den Matrosen Football,
wobei natürlich irgendwie
alle am liebsten Hannah tackelten.

Nur Meg spielte nicht mit.
Zum Anfang
Am Nachmittag suchten wir alles Brennbare zusammen und machten ein viel zu großes Lagerfeuer.

Wir erzählten von unserer planlosen Reise durch halb Europa und die Jungs hörten neidisch zu.

Ihre unbeschwerte Jugend lag wohl schon lange zurück, wenn sie denn überhaupt eine hatten.
Zum Anfang
Sie kamen gerade aus der Golfregion und fuhren Richtung San Diego,
zum Heimathafen zwecks Generalüberholung.

Anderthalb Jahre waren Sie schon unterwegs.

Eine verdammt lange Zeit auf einem Schiff,
da waren sich alle einig.
Zum Anfang
Sie erzählten von ihrer Eliteeinheit,
die immer gerufen wurde,
wenn irgendeine Drecksarbeit anstand.
Stolz zeigten sie uns ihre eintätowierten
Pik-Ass-Abzeichen mit der 41.

"Black asses", sagte ich,
aber nur mein Schutzengel lachte.

"Black aces, you fuckin´ ass!
The Fighting Forty One Black Aces Figher Squadrom!"
Zum Anfang
Ich lächelte aus Angst.

Sie bezeichneten sich gegenseitig als "Nigger der Nigger".

Angeblich war keiner von ihnen aus patriotischen Gründen zur Navy gegangen.

Alle stammten aus der Unterschicht, erzählten sie. Waren vorher arbeitslos oder sonst wie perspektivlos. 
Zum Anfang
"Poverty draft" nannten sie das,
Einberufung aus Armut.

Das normale Schicksal eines Schwarzen eben.
Und selbst die weißen Schwarzen nickten.

Daran habe sich seit Vietnam nichts geändert.
Zum Anfang
In der Armee aber konnten sie was werden, theoretisch zumindest.

Vielleicht nach dem Dienst studieren.
Oder endlich irgendeinen brauchbaren
Job ergattern.

"Shit, irgendwie muss das doch möglich sein."
Zum Anfang
Aber wenn schon, dann sei es zumindest eine gottverdammt beschissene Ehre, 
auf der USS Nimitz zu dienen.

Dann schwärmten sie von diesem Schiff
und seiner Kraft, von all den Einsätzen,
die es bestanden hatte.

Eine echte Heldin sei sie, ein Filmstar.
Zum Anfang
Da wir vier sie offenkundig ziemlich dämlich ansahen, erzählte JJ uns von diesem Film.

Es ging irgendwie um einen Zeitensprung
und das daraus resultierende, von Albert Einstein mal erwähnte Großvater-Paradoxon.

Auch davon hatten wir im Gegensatz
zu diesen Matrosen noch nie etwas gehört. 
Zum Anfang
Sie konnten ganze Dialoge nachsprechen.
Und wenn sich einer versprach, wurde er von den Anderen lautstark zurechtgewiesen.

So richtig habe ich die Handlung nicht verstanden.

Auf jeden Fall spielte dieser Flugzeugträger in
"The final countdown" wohl die Hauptrolle.  
Zum Anfang
Irgendwie wurde die USS Nimitz in einem mysteriösen Unwetter ins Jahr 1941 katapultiert
und Kapitän Kirk Douglas musste sich entscheiden,
ob er seine enorme Kampfkraft einsetzen sollte,
um den japanischen Angriff auf Pearl Harbour zu stoppen. Oder ob er sich lieber aus der Geschichte heraushalten sollte.
Zum Anfang
Hat er dann auch gemacht, aber irgendwie auch nicht. Da waren sich die jungen Kämpfer nicht so ganz einig.

Jedenfalls bleibt einer in der Vergangenheit zurück und baute dann in der Zukunft
die USS Nimitz. Oder so ähnlich.
Zum Anfang
Hannah lauschte seltsam gebannt,
kaute auf ihrem Fingernagel,
schaute immer wieder zu Meg herüber,
die aber nicht reagierte. 

Die Jungs hatten auch nichts bemerkt,
stattdessen nickten sie zufrieden,
klatschten sich ab und waren mächtig stolz
auf ihre Diva und auf sich.



Zum Anfang
Später gingen wir ans Wasser,
um etwas Ruhe zu haben.
Wir kuschelten uns ineinander,
aber Hannah wollte mir nicht sagen, was los ist. 

"Glaubst Du, dass es irgendwann mal wirklich  
Zeitreisen gibt", fragte ich schließlich.

Sie sah mich verwundert an.
"Keine Ahnung, aber vielleicht habe ich
so was ja auch schon mal gemacht."


Zum Anfang
Ich verstand nicht, was sie mir sagen wollte.

Wir sprachen nicht darüber,
dass unsere Reiseziele in völlig
entgegengesetzter Richtung lagen.

Wir erzählten nichts von unserer Heimat
oder von der kommenden Zeit.

Wir lebten einfach den Moment. 
Zum Anfang
Max und Meg konnten nicht
so recht miteinander.

Außerdem hatten wir schon
unsere Marokko-Visa bezahlt.

Wenn wir uns nicht ranhielten,
dann würden wir es auf dem Rückweg
nicht mehr bis Irland schaffen.

So war nun einmal der Plan.
Zum Anfang
Als die ersten Muttis mit ihren
sandpanierten Kindern den Strand verließen, fachten die Jungs ihren riesigen Grill an.

Die Matrosen hatten für den Landgang Unmengen Grillfleisch mitgebracht,
wir besorgten im Mini-Market hinter der Promenade zwei Flaschen Wodka und
so viele Six-Packs, wie wir tragen konnten.
Zum Anfang
Ellen, die rothaarige Dänin,
kam bei den Soldaten deutlich besser an
als ihr Rastaman. Aber nach ein paar Pfeifchen waren alle wunderbar entspannt.

Wir grillten und chillten,
spielten Volleyball,
sangen irgendwelche Schremmellieder
und klatschten dazu.
Zum Anfang
Kurz vor zehn endete die Party schlagartig.

Militärpolizei war an der Promenade aufgetaucht, die Jungs wurden ganz unruhig und packten schnell alles zusammen.

JJ, Big G und Sugar nahmen uns in den Arm,
wir wünschten uns eine gute Reise und
Ellen kämpfte mit einer Träne im Augenwinkel.
Zum Anfang
Als die Jungs außer Sicht waren,
legte sich eine ungewohnte Ruhe über den Strand.


Erst jetzt merkte ich, dass ich mir die Schultern
in der Sonne ziemlich verbrannt hatte.


Wir lauschten dem leisen Schlagen der Wellen,
der kühlen Brise und den knisternden Flammen.
Zum Anfang
Ellen und ihr Rastamann schwiegen
wie gewohnt vor sich hin.

Max und Meg sprachen über den Einsatz
und das anachronistische Machtgehabe
der letzten verbliebenen Weltmacht.

Max sah mich fragend an,
aber ich genoss es lieber,
in Hannahs Schoß zu liegen
und mir den Kopf kraulen zu lassen.
Zum Anfang
Sie erklärte mir den Sternenhimmel,
kannte Sternenbilder, von denen ich noch
nie gehört hatte und die ich mir wohl
auch niemals würde merken können.

Ich fragte sie, ob ihr bei einer ihrer Zeitreisen 
schon mal einem anderen Engel begegnet sei,
aber sie antwortete nur mit einem milden Lächeln.
Zum Anfang
Sie wurde seltsam ernst,
erzählte von einem Kreuzgang
irgendwo in der Provence,
der ihr seltsam vertraut war,
als sie ihn zum ersten Mal betrat.

Seltsamerweise kannte sie jede Ecke,
jeden Stein, es war total unheimlich. 



Zum Anfang
Dort hatte jemand
"Hannah was here. Not now"
in den Stein geritzt.

Das hatte sie total geschockt,
erzählte sie zögerlich.

Seitdem überlege sie
die ganze Zeit,
ob es vielleicht etwas mit ihr
zu tun haben könnte.
Zum Anfang
Ich verstand nicht,
warum dieses Gekritzel
in irgendeinem Kreuzgang
sie so beschäftigte. 

"Vielleicht ist das so eine Art Rätsel",
sagte ich schließlich.
"Oder es ist einfach nur ein Spruch. "

Sie sah mich verwundert an.

Zum Anfang
"Romanische Kreuzgänge sehen
ja oftmals sehr ähnlich aus, 

Vielleicht kam er Dir
deshalb so vertraut vor,
auch wenn Du vorher da
noch nie warst."  

Sie lächelte gequält. 



Zum Anfang
Wenig später muss ich eingeschlafen sein,
was ich mir bis heute nicht verzeihen kann.

Als mich ein lauter Schrei aus dem Schlaf riss, sah ich auch schon den Strahl des Wasserwerfers auf mich zuschießen.

Er traf mich in den Magen und fegte mich von der Isomatte. Nach dem Schlag in die Magengrube hätte ich mich fast übergeben müssen.
Zum Anfang
Bevor ich mich aufraffen konnte,
riss mir der Strahl bereits die Beine weg
und ich schlug rückwärts auf den Kopf. 

Ich griff nach meinen Rucksack,
aber ein Polizist in voller Kampfmontur
stieß mich erneut zu Boden.
Zum Anfang
Max wurde am Rücken getroffen
und flog auf die erloschene Asche.
Die anrückenden Bullen zerrten ihn
ziemlich brutal aus dem Schlafsack
und schleppten ihn zum Mannschaftswagen.

Hannah und Meg konnte ich nirgendwo sehen, sie hatten sich offenbar rechtzeitig in Sicherheit bringen können, hoffte ich.
Zum Anfang
Sie schleppten mich ebenfalls zum Mannschaftswagen, in dem Max neben dem dänischen Pärchen kauerte.

Weiter vorne saßen zwei Trommler,
im Führerhaus pfiff ein Polizist
irgendeine bekannte Melodie.

Wir grüßten uns knapp und
ich setzte mich neben Max auf den Boden.
Zum Anfang
"Verdammte Scheiße!"
"Diese Schweine!"

"Hast Du Hannah oder Meg gesehen", fragte ich Max.
"Ne".

Auch die beiden Dänen schüttelten genervt den Kopf.

Wir warteten, dass sich der Bus in Bewegung setzte. Noch immer hatte ich ein flaues Gefühl im Bauch.
Zum Anfang
"Was hast Du denn da auf dem Rücken", fragte Max.
"Wieso, was ist denn da?"

"Da steht was!"

Ich drehte meinen Kopf so weit wie möglich nach hinten, konnte aber nichts sehen.

"Was steht denn da", fragte ich ungeduldig.
Zum Anfang
Thank you for a wonderful time.

Moments go.
Memories stay.
 
See you - later.
H.
Zum Anfang



Kein Nachnahme, keine Telefonnummer,

keine Chance auf ein Wiedersehen.
  
"Verstehst Du das",
fragte Max ungläubig.
Zum Anfang
Der Mannschaftsbus fuhr plötzlich an.
Durch das kleine Heckfenster sah ich den
Strand langsam kleiner werden.

Einzelne Jogger absolvierten auf der Promenade
ihr Morgenpensum. Der Wirt wischte über die
kleinen Metalltische und rückte die Stühle zurecht.

Die USS Nimitz war bereits samt
Begleitverband ausgelaufen.
Zum Anfang
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